„Philotes – Spiel um Freundschaft“: Suchtpräventionstheater für die Klassen 7 und 8

J. Kalabis
08.11.2024

Am 4. und 5. November tauchten die Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Klassen mit Hilfe des Theaterstücks „Philotes – Spiel um Freundschaft“ in vermutlich nicht ganz unbekannte Welten ein: Nah an der Lebenswelt der SuS erfuhren wir durch die Rollen von Emmi, Nuri, Larissa und Emmis Vater, welche Auswirkungen Computerspielsucht auf freundschaftliche und familiäre Beziehungen haben. Durch die lebensnah gewählten Charaktere gelang es den Schauspielerinnen und Schauspielern, Verständnis für alle beteiligten Seiten zu gewinnen: Zunächst natürlich Emmi, deren Versetzung gefährdet ist, die alleine mit ihrem Vater lebt, und die besonders interessiert an dem Online-Spiel „Philotes“ ist. Sie bekommt dort das Gefühl „gebraucht zu werden“ und erhält viel Anerkennung durch ihren Avatar „Cylox“. Außerdem tröstet die Flucht in die Virtualität vermeintlich vor den drohenden schulischen Konsequenzen. Dann ist da Emmis Vater, der alleinerziehend ist und sich um die schulischen Leistungen aber auch um sein Verhältnis zu Emmi sorgt. Er möchte seiner Tochter Vertrauen im Umgang mit den Medien schenken und lässt sich dabei immer häufiger von ihr hinters Licht führen. Durch ihre Spielsucht merkt Emmi auch kaum Larissas ernst gemeintes Interesse an ihr. Larissa, die neu an der Schule von Emmi und Nuri ist, durchschaut sehr früh die Sucht, die hinter Emmis Verhalten steckt, da sie bei ihrem eigenen Bruder miterleben musste, wie die Spielsucht ihn verändert hat. Weiterhin erleben wir Nuri, Emmis besten Freund, der sich zwar auch für Spiele begeistern lässt, aber weit entfernt von einer Sucht zu sein scheint. Familiär hat er einige große Lasten auf den Schultern zu tragen und benötigt Emmi als beste Freundin dabei als Unterstützung. Leider wird er immer wieder enttäuscht und versetzt, denn die Macht des Spiels erschleicht sich zunehmend mehr von Emmis Aufmerksamkeit. Nicht zu Unrecht stellt er Emmi schlussendlich vor die Wahl: „Die“, gemeint sind die virtuellen Kontakte „oder wir“, Larissa und Nuri.
Die Hilflosigkeit im Kampf gegen diese Sucht wurde ehrlich widergespiegelt, insbesondere weil hier nicht mit dem erhobenen Zeigefinger beurteilt, sondern stattdessen Empathie für alle Seiten aufgebaut wurde. Die Problematik im Umgang mit Emmis Suchtverhalten merkte man auch an den Ideen des Publikums, welches zwischendurch aufgefordert wurde, eigene Lösungsvorschläge zu machen. Wie sollte sich Emmis Vater am besten verhalten? Die Vorschläge gingen weit auseinander, von strengeren Kontrollen bis zu heftigen Konsequenzen wie dem Rausschmiss aus dem eigenen Haus. Dennoch wurde klar: DIE einfache Lösung gibt es leider nicht. Und dennoch sollte man sich nicht geschlagen geben, denn auch Emmi schafft es am Ende, als sie alles zu verlieren droht, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Weg von der Virtualität hin zur Realität. Zu den echten Freunden. Und so ergibt auch der Name des Stückes am Ende der Vorführung einen tieferen Sinn, „Philiotes“ steht nämlich für die „Göttin der Freundschaft“. Emmis Erkenntnis, dass sie wahre Freundschaft nicht in der virtuellen Welt finden wird, rettet sie aus der Sucht.

Im Anschluss an die Vorstellung gab es im Nachgespräch Zeit für Fragen und Feedback. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sprachen u.a. über die „5 roten Linien“, die zur Einschätzung von Suchtverhalten herangezogen werden können: Freunde, Familie, Schule/Arbeit, sich selbst und Hobbys. Werden zwei hiervon vernachlässigt, dann „fängt es an gefährlich zu werden“. Bereits seit 2014 wird das Stück gespielt, es wird deutlich, dass es an Aktualität nicht verloren hat. Im Gegenteil, durch unseren alltäglichen, „normalen“ Medienkonsum durch Tablets und Smartphones, der sich über mehrere Stunden täglich erstreckt, lässt sich eine Sucht vermutlich noch besser verstecken, als dies vor einigen Jahren der Fall war.

Das Theaterstück ist Teil der Suchtprävention an unserer Schule und wird schon seit sechs Jahren an der Europaschule Gladenbach aufgeführt. Herr Weinrich und Frau Schnitzler setzen sich im Rahmen des Arbeitskreises „Prävention“ für die weitere Zusammenarbeit mit dem Theaterensemble „Theaterspiel“ aus Witten ein. Das Stück selbst wurde von Beate Albrecht geschrieben und wird uns ganz sicher auch in der nächsten Vorstellung wieder mit der unscheinbaren Gefahr der virtuellen Welt konfrontieren.