Hessisches Schulentwicklungsprogramm
Hessische Europaschulen
Das Konzept der Europaschulen
Die zum Winterhalbjahr 2000 neu begonnene Phase des Landesprogramms Hessische Europaschulen startete nicht nur mit den acht „Kernschulen“, die bereits seit 1992 mitarbeiteten; zusätzlich wurden zum Schuljahresbeginn 2000/01 weitere 15 Schulen und 2002/03 noch einmal acht Schulen aufgenommen. Erstmals 2004 wurde ein Zertifikat „Hessische Europaschulen“ verliehen und nach fünf Jahren in einem Evaluierungsprozess überprüft. Dabei stehen die zentralen programmatischen Inhalte, Öffnung von Schule zum Stadtteil und internationale Begegnungen, Vorbereitung auf ein global geprägtes Arbeitsleben und Methodenlernen, im Vordergrund.
Im Einzelnen umfasst das Programm die folgenden Bereiche:
Europäische Dimension und interkulturelles Lernen
Die Schulen haben hierzu ein schulisches Curriculum für alle Fächer und Jahrgangsstufen entwickelt, das die politischen, geographischen und geschichtlichen Gegebenheiten und besonderen Sichtweisen der Länder der Partnerschulen wie auch der Herkunftsländer der ausländischen Schülerinnen und Schüler sowie die Austauschprogramme einbezieht. Neben den selbst organisierten Austausch- und Partnerprogrammen arbeiten die Europaschulen regelmäßig in den EU-Programmen SOCRATES, COMENIUS, LEONARDO und LINGUA mit. Dazu gehören vor allem thematisch orientierte Austauschprogramme und Internet-Projekte, aber auch internationale Betriebspraktika und interkulturelle Integrationsprojekte.
Das Sprachenlernen nimmt an den Europa- schulen einen besonderen Stellenwert ein. Modelle bilingualen Lernens (Ausbau des Sach-Fach-Unterrichts), besondere Sprachenfolgen, vorgezogener Fremdsprachenbeginn und besondere Formen des Fremdsprachenerwerbs wie Sprachintensivkurse oder Kompaktlernen werden gefördert, erprobt und einer regelmäßigen Auswertung unterzogen, um die Ergebnisse allen hessischen Schulen zur Verfügung stellen zu können. Die Europaschulen beteiligen sich an der Erprobung und Einführung des Europäischen Sprachenportfolios und des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats.
Selbstständiges Lernen und Methodenlernen
Die Schulen bilden Jahrgangsteams und richten ihren Unterricht nach Methoden der Kooperation, Projektorientierung und des selbstständigen Lernens aus und verbinden dies mit ihrem Schulprogramm und dem Europäischen Curriculum. Damit bereiten sie ihre Schülerinnen und Schüler auf die Freizügigkeit und kulturelle Vielfalt innerhalb Europas vor. Dabei arbeiten sie mit Institutionen, Betrieben und Vereinen in der Gemeinde zur Umsetzung ihrer Unterrichts- und Zusatzangebote zusammen.
Innere Organisation und Evaluation
Die Schulen richten zur Umsetzung ihrer inhaltlichen und organisatorischen Entwicklung Planungs- und Steuerungsgruppen ein, in denen die Bereiche des Europaschul-Programms wie auch die beteiligten Gruppen (Lehrer, Schüler, Eltern, außerschulische Kooperationspartner) vertreten sind. Die Europaschulen evaluieren ihre Weiterentwicklung laufend (extern und intern) und schreiben in jährlichen Aktionsplänen sowie der Überarbeitung des Schulprogramms ihre Arbeit fort. Die Europaschulen führen zur Qualitätssicherung eine Feststellung der Eingangsqualifikationen sowie Lernstandsfeststellungen über die Entwicklungsfortschritte durch. Die Schülerinnen und Schüler legen ein Portfolio mit europaschul-spezifischen Leistungsnachweisen an.
Die Europaschulen erstellen im Rahmen ihres Schulprogramms ein Personalentwicklungskonzept, das Maßnahmen der programmbezogenen Lehrerfortbildung einschließt. Außerschulische Kooperationspartner werden in diese Maßnahmen einbezogen und unterstützen das Programm und seine Qualitätsentwicklung.
Budgetierung und Controlling
Die Europaschulen erhalten zur Durchführung ihrer Aufgaben Haushaltsmittel und verwalten diese selbstständig. Hierbei gehen sie nach einem Controlling-Verfahren vor, das die zielkonforme und transparente Mittelverwendung gewährleistet. Die Europaschulen kooperieren durch gemeinsame Tagungen sowie regionale und schulformbezogene Sitzungen und Veranstaltungen untereinander und stellen ihre Arbeitsergebnisse anderen Schulen durch Publikationen und Fortbildungsangebote zur Verfügung.
Mit der neuen Konzeption der Europaschulen sollen die Ergebnisse des Programms stärker für alle hessischen Schulen nutzbar gemacht werden. Grundlegende Strukturmerkmale der als Handlungsforschung konzipierten bisherigen Projektphase (u.a. Leitbild- und Schulprogramm- arbeit, Institutionalisierung von Planungsgruppen und Evaluationsverantwortlichen sowie das Programmcontrolling) wurden beibehalten und auf die neu mitarbeitenden Schulen übertragen.
Im Schuljahr 2009/2010 wurden insgesamt 30 Schulen und ein Studienseminar auf der Basis ihres erreichten Standes und ihrer vorgelegten Programmplanung bis 2014 als Mitglieder des Förderprogramms zertifiziert. Die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer der Europaschulen haben durch eine vor allem selbst organisierte, wechselseitige Fortbildung die bisherigen Curricula unter den oben genannten Schwerpunkten weiterentwickelt und ergänzt. Sie wurden darin durch die Schulleitungen, die Lehrerfortbildung, die Schulaufsicht und die zentrale Steuergruppe unterstützt. Die wissenschaftliche Begleitung hat die Schulen bei der Umsetzung und Konkretisierung der Konzepte beraten.
Zwischenergebnisse im Schuljahr 2010/2011
Die Orientierung an den vorgegebenen Schwerpunkten hat in den beteiligten Schulen eine lebendige Wirkung entfaltet. Vielfältige Aktivitäten wurden gestartet, um die anvisierten Ziele zu erreichen. Die Vorhaben zur Entwicklung der Europäischen Dimension, des Interkulturellen Lernens in Unterricht und Schulleben sind in beachtlichem Maße eingelöst oder in realistische Entwicklungsziele umgesetzt worden. Auch im Hinblick auf die Frage der Standards, auf die Verfahren zur Qualitätssicherung und beim Methodenlernen sind bereits wichtige Schritte vollzogen worden.
Den neu aufgenommen Schulen stehen Hilfsangebote wie Patenschaften und Fortbildungsangebote zur Verfügung, um die Integration in das konsolidierte Programm zu erleichtern. Trotz aller Unterschiede in der Entwicklung in Richtung auf die oben genannten Ziele (durch die unterschiedlich lange Mitarbeit im Landesprogramm einerseits und die unterschiedlichen Schulformen andererseits) haben die Schulen das Curriculum, auf das sich alle Schulen verständigt haben, weiterentwickelt und bewährte Schritte zur Implementierung festgelegt. Viele der neuen Schulen waren zuvor bereits in internationale Austauschprogramme eingebunden und hatten erweiterte Sprachenangebote durchgeführt, alle verfügten über Projekterfahrungen mit Partnerschulen innerhalb und außerhalb Europas. Die Überarbeitung der Schulcurricula im Hinblick auf die Europäische Dimension wird mit den Fachkonferenzen abgestimmt, die Integration der Programmbereiche und Fächer in ein aufeinander abgestimmtes Schulcurriculum, das auch Bildungsstandards und Kerncurricula berücksichtigt, wird sich anschließen. Neue Verfahren der Qualitätssicherung sind nicht nur entwickelt, sondern auch erprobt worden.
Nachhaltige Veränderungen
Besonders wichtig für die weitere Entwicklung der Europaschulen sind aber Lernstandsfeststellungen und Leistungsmessung. Hier wird deutlich, dass die Evaluation, neben den (besonderen) Europaprogrammen, sich auch den Lernprozessen der Schülerinnen und Schüler zuwenden und den Unterricht selbst ins Auge fassen muss. Dabei werden die Umsetzung der neu entwickelten Verfahren und die neu erarbeiteten Bestandteile des Curriculums in der Europäischen Dimension und im Methodenlernen helfen.
Für den Transfer und die Weiterverbreitung der Ergebnisse werden unterschiedliche Wege gegangen: Einerseits werden Ergebnisse durch die Zusammenarbeit mit den Nachbarschulen und Verbundschulen weitergegeben; andererseits werden die Kontakte zu Studienseminaren und Hochschulen genutzt, die ihrerseits Multiplikatorenfunktion besitzen. Die Zusammenarbeit der Schulen mit der Lehrerfortbildung kann als vorbildlich bezeichnet werden, sodass sich auch hier dauerhaft ein wichtiger Weg für Transferprozesse ergibt. Zudem haben sich die Europaschulen zum ersten Mal ein gemeinsames Jahresthema als Arbeitsschwerpunkt gestellt: „Zusammenleben und Integration in der Stadt der Zukunft“. Unter dieser Leitlinie werden Vertreter unterschiedlichster Institutionen mit den Vertretern der Schulen zusammenarbeiten und gemeinsam einen Kongress gestalten.
Wolf Schwarz
Hessisches Kultusministerium
Diese Beschreibung wurde zitiert aus:
Hessisches Kultusministerium (2010). Hessische Europaschulen - Ein Schulentwicklungsprogramm des Landes Hessen, S. 5f. Online verfügbar unter http://www.europaschulen.de/fileadmin/material/Publikationen/Hessische_Europaschulen.pdf.